Kinderspiele
Hier stellen wir nicht nur germanische Spiele und Spielzeug vor, sondern geben einen Einblick in die Spielewelt des gesamten Altertums. Damals wie heute gab es bei Kindern und Erwachsenen das Bedürfnis zu spielen. Viele der damals verwendeten Spielzeuge sind auch im heutigen Alltag zu finden. Schon zur Geburt oder Namensgebung bekamen die Kinder ihr erstes Spielzeug geschenkt. Meist waren das Säuglingsflaschen in Tierform, Rasseln, Pfeifen oder Glöckchen. Später spielten die Kinder mit Puppen, Jojos und Reifen. Auch Kreisel waren ein beliebtes Spielzeug. Diese gab es in verschiedensten Formen, als angespitzte Zylinder, die mit Schnüren oder Peitschen angetrieben wurden oder als Scheiben, durch die mittig ein Holzstab gesteckt wurde, der mit den Fingern oder durch Reiben zwischen den Handflächen in Rotation versetzt wurde. Die Kinder vor 2000 Jahren mochten auch Tiere als Spielgefährten. Wer kein Tier hatte, konnte ersatzweise mit Tierfiguren spielen. Beliebt waren auch Spiele wie Kegeln, Blinde Kuh, Verstecken, Verkleidespiele, Fangen, Seilspringen, Tauziehen, Wippen, Schaukeln und viele andere. Die Kinder im Altertum mochten es auch, die Erwachsenen zu imitieren. So gab es Wagenrennen mit Ziegen, Schafen oder Gänsen, Speerkämpfe, Ritte auf Stöcken oder Spielkameraden und Zinnfiguren mit denen man Kämpfe und Schlachten nachspielen konnte. Oft nachgeahmt wurden auch Gerichtsverhandlungen, die in der Antike meist auf öffentlichen Plätzen abgehalten wurden und so auch, im Gegensatz zur heutigen Zeit, der Kinderwelt zugänglich waren. Starb ein Kind, so bekam es sein Lieblingsspielzeug mit ins Grab. Die Erwachsenen übten sich vor allem in Geschicklichkeitsspielen oder im Glücksspiel, welches mit Würfeln, Knochen, oder mit unter Bechern versteckten Objekten betrieben wurde. Das Würfelspiel war bei den Germanen so beliebt, dass sogar Tacitus es in seiner „Germania“ erwähnte. Ballspiele wurden sowohl von Großen als auch Kleinen gespielt. Die Bälle bestanden aus Pflanzenfasern, Leder oder Glas. Die vielfältigen Varianten des Ballspiels sind auf zahlreichen Abbildungen überliefert. Spiele wurden oft als Orakel genutzt. So gibt es zum Beispiel ein Stäbchenspiel, das dem heutigen Mikado ähnelt und vermutlich zum Wahrsagen verwendet wurde. Auch Knöchelchenspiele waren Orakelspiele. Die Quellen für die im Folgenden aufgezählten Spiele sind größtenteils Abbildungen auf Gefäßen, Fresken und als Skulpturen sowie Schriften von Platon, Tacitus, Ovid, Horaz und vielen anderen. Es wurden auch Spielbretter, Spielsteine und Spielzeug in Gräbern gefunden. Die Rekonstruktion der Spielregeln allerdings basiert hauptsächlich auf Vermutungen und Vergleichen zu heutigen Spielen.
Nüssespiele
Spiele mit Nüssen waren hauptsächlich bei Kindern beliebt. Dabei waren der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Die Nüsse ersetzten die heute üblichen Kugeln, Murmeln oder Bälle. Einige Spiele sind auf Sarkophagen, Vasen und in Wandmalereien dokumentiert. So musste man zum Beispiel beim Orca-Spiel mit den Nüssen aus einer gewissen Entfernung in eine Amphore treffen. Bei einem anderen Spiel bestand das Ziel darin, die Nüsse des Gegners zu treffen, nachdem man sie eine schräge Ebene herabrollen ließ. Nüssespiele wurden so oft gespielt, dass sie in Rom als Symbol für die Kindheit galten. Martial schrieb: “Schon wird traurig der Knabe von den Nüssen fortgerufen vom polternden Magister.“ (Epigramme, V, 84, 1-2)
Tierfiguren und Wägelchen
Tierfiguren gehören zur umfangreichsten Gruppe aus der Antike erhaltener Spielzeuge. Sie waren ständiger Begleiter der Kinder, indem sie, an einem Strick gezogen, dem Besitzer auf Schritt und Tritt folgten. Je nach geographischer Lage variierten die Formen von Mäusen über Hühner, Pferde, Wildschweine, Widder (siehe Abblidung) und Stachelschweine bis zu Krokodilen und Flusspferden. Teils besaßen die Tierfiguren sogar bewegliche Teile. Ebenso beliebt bei den Kindern waren kleine Wagen. Diese konnten eins, zwei, drei oder vier Räder haben. Es gab sehr einfache Modelle, die von den Kleinen selbst gebaut waren, aber auch Miniaturstreitwagen.